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Q&A – „Kreditplattformen sind eine gute Alternative für Startups“

Alois Rainer, Abgeordneter des Deutschen Bundestages und frisch gewählter Vorsitzender des Finanzausschusses, spricht mit uns im exklusiven Interview über seine Pläne für die kommenden vier Jahre, über die aktuell harten Zeiten für Sparer und seine Haltung zu Kreditplattformen.

VdK: Sehr geehrter Herr Rainer, herzlichen Glückwunsch zur Wahl als neuer Finanzausschussvorsitzender. Starten möchten wir mit einer Frage zur neuen Bundesregierung. Wie viel Veränderung kommt nach 16 Jahren Angela Merkel auf uns zu?

Alois Rainer: Innerhalb der Union ging mit dem Regierungswechsel auch ein Rollentausch hin zur Opposition einher. Das ist nach 16 Jahren für viele Unionspolitiker, auch für mich als Abgeordneter, eine Umstellung. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Union diese Chance ergreift und mit ihrer Arbeit die Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Jahren überzeugen und vor allem aufzeigen kann, dass es mit der Union in vielen politischen Themenbereichen, wie der Wirtschaft oder dem Klimaschutz, für die Menschen sehr gute Lösungen gäbe. Wo der Fokus der neuen Regierung liegt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, eventuell bei der Klima- und Sozialpolitik, aber wir werden sehen.

VdK: Was erwarten Sie von der Ampel im Bereich der Finanzmarktpolitik?

Alois Rainer: In erster Linie keine falschen Versprechungen, sondern spürbare Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger. Auch die Finanzpolitik der vergangenen Jahre und der kommenden Jahre bleibt stark durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Das Augenmerk der Koalition liegt darüber hinaus neben der Finanzpolitik auf den Themen Klimaschutz, Digitalisierung oder Wohnungsbau. Das hat Herr Lindner am 15.1.2022 auch in seiner Rede betont.

Geplant ist u.a. der Abbau klimaschädlicher Subventionen. Des Weiteren plant die Ampel die steuerliche Angleichung von Diesel und Benzin, die höhere Besteuerung elektrischer Dienstwagen, der Entfall des Energiesteuerspitzenausgleichs für energieintensive Betriebe oder die Überprüfung der Abschaffung der Pendlerpauschale. Da wird vieles teurer werden für die Bürgerinnen und Bürger. Denn besagtes Ziel der Ampel ist auch die Generationengerechtigkeit und eine damit verbundene Disziplin der Konsumausgaben in der Gegenwart.

Ich erhoffe mir eine ehrliche Kommunikation gegenüber den Menschen, wie zum Beispiel gerade Pendler in ländlichen Regionen die Mehrbelastungen kompensieren sollen. Mehr Engagement begrüße ich zudem bei der Finanzierung wichtiger Zukunftsprojekte. Dazu brauchen wir eine klare Prioritätensetzung im Finanzbereich. Ich erhoffe mir speziell aus meiner Rolle als Unionsabgeordneter heraus, dass die verfassungsrechtlich festgelegte Schuldenbremse von den Koalitionären eingehalten und nicht umgangen wird.

VdK: Was sind Ihre Pläne? Welche Impulse wollen Sie als neuer Vorsitzender des Finanzausschusses in dieser Legislaturperiode setzen?

Alois Rainer: In der Funktion als Ausschussvorsitzender habe ich in erster Linie die Aufgabe, zu den Ausschusssitzungen des Finanzausschusses zu laden und die Sitzungen gemeinsam mit dem Ausschusssekretariat vorzubereiten. Auch wenn ich Mitglied der Unionsfraktion bin, sind im Ausschuss alle Fraktionen nach objektiven Gesichtspunkten gleichermaßen nach vorgegebenen Regeln mit einzubeziehen und Kompromisse bei strittigen Debatten zu finden. Insofern ist meine neue Rolle im Parlament ein Stück weit unpolitischer und mehr koordinierender.

Hinsichtlich der inhaltlichen Ziele verweise ich ausdrücklich darauf, dass ich als Unionsabgeordneter spreche. So werde ich die Inflation im Auge behalten, die Einhaltung des Versprechens, dass es keine Steuererhöhungen geben wird und erhoffe mir, in den kommenden Jahren durch meine Mitwirkung in der Finanzpolitik zu spürbaren Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger beitragen zu können. Des Weiteren begrüße ich es, dass Steuerhinterziehung konsequenter bekämpft werden soll.

VdK: Seit März 2020 hält uns das Corona-Virus fest umschlungen und heizt die Staatsverschuldung auch in Deutschland an. Für die Sparer hat das Nebenwirkungen. Erst waren es nur die Niedrigzinsen, die auf die Rendite drückten, dann kamen die Strafzinsen hinzu. Und jetzt zieht auch noch die Inflation an. Was kann, was sollte die Politik tun, damit die private Vermögensbildung für die Bundesbürger interessant bleibt? Aktien sind ja für viele nicht die erste Wahl, eher sind wir eine Bevölkerung mit einer vergleichsweise stärkeren Fokussierung auf Fixed Income.

Alois Rainer: Ein wirksamer Schutz für die Sparerinnen und Sparer ist von großer Bedeutung. Die Ampel-Koalition plant die Anhebung des sogenannten Sparerfreibetrages. Seitens der CSU im Bundestag, dessen Mitglied ich bin, wird von der EZB eine konsequente Inflations- und Zinswende mit der Rückkehr zu ihrem eigentlichen Auftrag – nämlich die Inflation zu bekämpfen und eine stabile Währung sicherzustellen – erwartet. Seitens der Opposition ist daher angestrebt, einen Inflationsausgleich dauerhaft gesetzlich festzuschreiben. Gleichzeitig fordert vor allem die CSU im Bundestag einen Garantiezins für die Altersvorsorge. Durch die aktuelle Niedrigzinspolitik werden Sparer quasi enteignet und zusätzlich mit Negativzinsen belastet. Die Ampel plant wiederum, dass Menschen mit Kapital mehr in Zukunftstechnologien investieren – insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Klimaschutz. Die Union will eine Innovationsleihe für kleine und mittlere Einkommen mit einem staatlich garantierten Positivzins von zwei Prozent und einer Laufzeit von mindestens zehn Jahren. Hier bleibt abzuwarten, wohin die Diskussion führen wird.

VdK: Sollte in der neuen Legislaturperiode nicht auch über eine Anpassung der steuerlichen Verlustregeln nachgedacht werden?

Alois Rainer: Zu dieser Frage antworte ich nach meinem eigenen Empfinden als Unionsabgeordneter. Aufgrund der Verluste, die viele Unternehmen in den vergangenen zwei Corona-Jahren erlitten haben, würden bessere steuerliche Verlustrücktragsmöglichkeiten stärkere Investitionsanreize setzen. Hinsichtlich der aktuellen Verluste, die die Unternehmen erleiden, ist das Steuersystem derzeit bedingt geeignet, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überwinden.

VdK: Eine attraktive Alternative, die vor allem immer mehr institutionelle Investoren für sich entdecken, sind Kreditplattformen. Mit der EU-Schwarmfinanzierungsverordnung gewinnt das Thema weiter an Fahrt. Anlegern bieten sich EU-weit Investitionsmöglichkeiten in Digital Debt. Wie bewerten Sie diese Entwicklung, wo sehen Sie Chancen und Risiken?

Alois Rainer: Kreditplattformen sind eine gute Alternative für diejenigen, die ihre Projekte mit wenig Eigenkapital starten wollen, da die Hürden bei Kreditplattformen meist niedriger sind als bei herkömmlichen Banken. Gerade für junge Unternehmen ist dies natürlich eine Möglichkeit, Kapital zu erhalten, das sie von klassischen Banken und Sparkassen nicht bekommen würden. Kreditplattformen sind daher als Finanzierungsalternative gerade für KMU von Bedeutung. Vorteilhaft ist dies bei kleineren Anlagebeträgen. Geht es jedoch um größere Summen, greifen die KMU überwiegend immer noch auf Banken und Sparkassen zurück. Gerade in Deutschland setzen die KMU vor allem auf vertrauenswürdige Finanzierungen. Hier konnten sich Kreditplattformen bisher noch weniger durchsetzen. Wiederum besteht für Investoren ein größeres Ausfallrisiko, weil sie keine umfangreichen Bonitätsprüfungen vornehmen können, wie es beispielsweise Banken und Sparkassen tun.

VdK: Dürfen wir Sie fragen, ob Sie selbst schon einmal über eine Kreditplattform Ihr Geld investiert haben?

Alois Rainer: Bisher habe ich noch kein Geld in Kreditplattformen investiert.

VdK: Was hat sie davon abgehalten?

Alois Rainer: Ich bin seit je her treuer Kunde bei meiner Hausbank und schätze den persönlichen Kontakt zu meinem Bankberater in finanziellen Angelegenheiten sehr.

VdK: Werden Sie es vielleicht einmal ausprobieren?

Alois Rainer: Ich sage niemals nie. Wenn sich die Situation in der Zukunft ergibt, werde ich über das Thema sicherlich nachdenken.

VdK: Sehr geehrter Herr Rainer, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen für die neue Legislaturperiode viel Erfolg.